Michael Jackson: Mit dem „King Of Pop“ um die Welt

Michael Jackson with Alex Gernandt

Alex Gernandt überreicht Michael Jackson den BRAVO Otto

Es war die spannendste Zeit seines Reporterlebens: Sechs Jahre lang begleitete Alex Gernandt für BRAVO Michael Jackson († 50) rund um die Welt. 16 Mal traf er dabei auf den „King Of Pop“. Einzigartige Erlebnisse, unvergessliche Eindrücke und viele Gänsehaut-Momente zeichneten diese besonderen Begegnungen aus.

Text: Alex Gernandt

Ich durfte Jackson hautnah erleben: bei zwei Welt-Tourneen („Dangerous“, „HIStory“), exklusiv bei Videodrehs in Hollywood („Scream“, „Stranger in Moscow“). Mutig in den Slums von Rio de Janeiro beim Dreh zu „They Don’t Care About Us” mit Spike Lee, der jetzt die MJ-Doku „The Journey from Motown to Off The Wall“ schuf. Außerdem sah ich Michael singend im Studio in Chicago („You Are Not Alone“), bei der Premiere seines Grusicals „Ghosts” bei den Filmfestspielen in Cannes und auch bei „Wetten, dass..?“ in Duisburg, wo er nachmittags vor der Show wie besessen probte und jedes Details seines Auftritts mit der Regie abstimmte.

Über die Jahre konnte ich dabei Michael, den Menschen hinter der Maske kennenlernen. Und auch sein Vertrauen gewinnen. Ich bekam immer wieder Zugang zu dem sonst so medienscheuen Künstler. Bei jedem unserer Treffen bat mich „MJ“, ihm meine letzte Story über ihn zu übersetzen, und zwar Wort für Wort.

Die vielen Facetten des scheuen Superstars

Im September 1993 traf ich den „King of Pop“ zum ersten Mal. Istanbul, Inönü Stadion. Gold-Otto-Überreichung, Kategorie „Bester Sänger“. Michael hatte bis zu diesem Zeitpunkt NIE Journalisten empfangen. Er war zu scheu, zu misstrauisch. Für BRAVO machte er jetzt eine Ausnahme. Das war damals eine echte Sensation, unsagbares Reporterglück! Michael war zu jener Zeit schwer angeschlagen. Üble Kindesmissbrauchsvorwürfe (Jahre später der Freispruch vor Gericht!). Der BRAVO-Otto, ein Preis der Fans, war eine positive Nachricht in diesen schweren Zeiten. Michael nahm ihn dankbar entgegen, freute sich aufrichtig.

AG_MJ_8.1Wie war der „King Of Pop“ privat? Unbeschreiblich! Voller Gegensätze! Und ganz anders, als ihn viele Medien gern darstellten. Michael konnte verspielt sein wie ein Kind, aber auch knallhart als Geschäftsmann (stundenlange Business-Meetings!). Geliebt von Millionen – und doch oft einsam. Freundlich,  sensibel, naiv, respektvoll, verletzlich und überraschend bescheiden, aber auch stark, witzig und frech: Beim TDCAU-Videodreh in Rio zog er mir zur Begrüßung erstmal einen Make-up-Schwamm quer übers Gesicht, grinste und umarmte mich dann herzlich. Michael war ein Menschenfreund! Voller Mitgefühl für die Armen, die Kleinen und die Schwachen („Heal the World“). In Budapest half ich, kistenweise Spielzeug in ein Kinderkrankenhaus zu schleppen. MJ ging (damals mit seiner Frau Lisa Marie Presley) von Bett zu Bett, beschenkte die kranken Kids, kümmerte sich rührend. Ich merkte: das kommt von Herzen!
Seine Botschaft war „L-O-V-E“. Liebe, der Antrieb für sein Tun. Seine Musik setzte er für die großen Themen ein: Frieden! Toleranz! Umweltschutz! „We Are The World“, „Man In The Mirror“, „Earth Song“. Man mag es kaum glauben, aber er, das musikalische Genie, zweifelte oft an sich. Michael konnte sehr gut Klavier spielen, verehrte Chopin, sagte mir aber selbstkritisch: „Für die Bühne ist das nicht gut genug!“

Alex Gernandt, Musik-Journalist und Entertainment-Experte, der 25 Jahre lang das Jugendmagazin BRAVO maßgeblich mitgestaltete, über seine persönlichen Begegnungen mit Michael Jackson und seiner Bedeutung für die Musikgeschichte.

 

MJ war keineswegs Marionette seiner Manager, sondern Hundertprozent selbstbestimmt. Alle Ideen kamen von ihm: Outfits, Shows, Videos. Er war Perfektionist, Träumer, Visionär, ein Genie. Michael Jackson geht nur in Superlativen: meistverkauftes Album der Popgeschichte („THRILLER“, 120 Millionen verkaufte CDs). Drei ausverkaufte Welttourneen. 450 wichtige Preise (acht Grammys an einem Abend 1984). Ehrungen von drei US-Präsidenten (Reagan, Bush Sr., Clinton). Michael war 1984 der erste schwarze Künstler, der im Weißen Haus von einem US-Präsidenten (Ronald Reagan) empfangen und geehrt wurde.
Er wuchs mit seinen acht Geschwistern in Armut auf, bekam nichts geschenkt. Er arbeitete hart wie kaum ein anderer, war besessen von Ehrgeiz, wollte nach ganz oben. „Ich will der Magier sein, der die ganze Welt zum Staunen bringt“, sagte er einst. Ich erlebte MJ bei Proben. Er tanzte bis die Knie bluteten. Mit eiserner Disziplin, bereits in Kindertagen gefordert von Knallhart-Vater Joseph (86), wurde er zum „King Of Pop“.

Für immer in den Herzen der Fans

MJ liebte Deutschland, besonders München. Hier startete er mit seinem Freund, dem Konzert-Promoter Marcel Avram im Juni 1992 seine gigantische „Dangerous“-Welttour. Er lernte dafür sogar etwas Deutsch. Als er seinen Fans „Ich liebe euch“ sagen wollte, ließ er es sich aufschreiben: „Eesh leeba oish!“ Michaels Lieblingshotel war der Bayerische Hof, Suite 32, mit Blick auf den Promenadenplatz, wo heute das MJ-Denkmal steht. 3.000 (!) Fans versammelten sich damals vor dem Hotel, schrien, weinten und jubelten, als MJ ans Fenster trat und ihnen winkte oder signierte Kopfkissen runterwarf. Unvorstellbare Alex Gernandt und Michael JacksonSzenen. Im Zimmer ließ Michael eigens Parkettboden verlegen – um seinen Moonwalk zu üben. Einmal erklärte er mir, warum er das Wort „Jacko“ so hasst: „Eine britische Zeitung nannte mich ‘Wacko Jacko’ (etwa: Verrückter Jacko). “ Das traf ihn hart! Er antwortete mit einem Song: „Leave Me Alone“ (Lasst mich in Ruhe)!

Mit „This is it“ wollte er im Sommer 2009 in London ein Riesen-Comeback starten und mit 50 (!) ausverkauften Shows noch einmal die Welt rocken. Doch dazu kam es nicht mehr. Am 25. Juni 2009 hörte sein Herz für immer auf zu schlagen. Ein Jahr nach seinem Tod besuchte ich seine Mutter Katherine (85) zu Hause in Calabasas bei Los Angeles. Als ich ihr Fotos von Michael zeigte, füllten sich ihre müden Augen mit Tränen: „Ich vermisse meinen Jungen jeden Tag” – und mit ihr Millionen Fans, die ihm bis heute die Treue halten. „Mrs. Jackson„, sagte ich, „ihr Sohn hat die ganze Welt zum Tanzen gebracht.“ Er bleibt unvergessen!

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Michael Jackson Off The Wall AlbumcoverMichael Jackson: „OFF THE WALL“
Das Michael Jackson Estate und Sony Legacy Recordings veröffentlichen Michael Jacksons bahnbrechendes Album „OFF THE WALL“ von 1979! Erhältlich ist „OFF The WALL” als CD/DVD- und CD/BluRay-Package. Neben der Originalversion des Albums, ist auch die neue Spike Lee-Dokumentation „Michael Jackson’s Journey from Motown to Off The Wall“ enthalten.