Exklusiv-Interview mit Peter Illmann: Hinter den Kulissen von Formel Eins

Peter_BeitragBrennende Autos, zersägte Bäume und Schrottplatzidylle: Die wichtigste Sendung im deutschen TV atmete Pioniergeist, bot handgemachte Bühnenbilder und zog Stars aus aller Welt magisch an. Moderator Peter Illmann blickt auf die kuriosesten Momente zurück. 

Interview: Chris Hauke

Peter, warum ist Formel Eins heute noch so beliebt?
Zum einen, weil es ein solches Konzept – eine Video-Hitparade – im deutschen Fernsehen nicht mehr gibt. Dazu erinnern sich viele Menschen gerne an diese Zeit zurück. Ich sehe ja immer das glückliche Lachen, wenn die Leute mich erkennen und danach fragen. Die Musik war ja sicher nicht besser als heute. Es ist einfach eine Art Nostalgie. In der 80ern war die Welt auch ein bisschen einfacher zu verstehen.

Und die Sendung selber? Hat Formel Eins nicht auch mit dem Charme des Imperfekten, Spontanen gepunktet?
Sie war nicht imperfekt, sie war anders gemacht – die Schrottplatzkulisse war ein Bruch zu allen anderen Fernsehsendungen, die normalerweise in einem schönen cleanen Studio stattfanden. Es war etwas Besonderes, Künstler in dieser fast schmuddeligen Atmosphäre auftreten zu lassen. Die haben sich auch gewundert, fanden es aber größtenteils gut, dass sie mal vor einem brennenden Auto singen mussten und nicht in einer glanzvollen Kulisse wie bei „Wetten dass..?“.

Deine Moderationen wirkten sehr spontan und authentisch.
Das stimmt – ich hatte ja auch sämtliche Freiheiten. Ich konnte wirklich sagen, was ich wollte. Da gab es keinen Maulkorb. Meine Moderationen habe ich ohne Skript gemacht. Mal fiel mir was Gutes ein, mal nicht. Jedenfalls war es keine vorformulierte Sache. Das ist sicherlich ein Unterschied. Wenn heute bei Sendungen abgelesen wird, dann ist das natürlich super perfekt. Da ist kein Sprechfehler drin. Bei mir war das nie so, aber das lag auch an meiner Art zu moderieren. Ich bin es vom Radio gewöhnt, einfach spontan was zu sagen. Und wenn da mal ein Satzbau nicht ganz perfekt war, dann fand ich es weniger schlimm als wenn es so steril wirkte. Insofern war es, zumindest von meiner Seite, sehr authentisch.

PIT - Peter Illmann TreffWelche Künstler sind dir besonders in Erinnerung geblieben?
Auf jeden Fall Divine (amerikanischer Travestie-Künstler, der auch als Schauspieler aktiv war). Der war wirklich eine – Augenweide will ich nicht sagen – aber ein besonderes Highlight, weil er einfach so extrem aussah. Er war ja sehr korpulent. Und wie er dann auf der Bühne gestanden und getanzt hat, da habe ich wirklich gedacht, jetzt kracht gleich alles zusammen. Ansonsten waren eigentlich alle relativ professionell, vor allem auch die deutschen Künstler, auch die Schlagerkünstler. Howard Carpendale ist ein gutes Beispiel. Das war zwar nicht unbedingt meine Musik, aber da hat man sofort gemerkt: Das ist ein Vollprofi. Dem war es egal, ob das Auto brannte oder sonst etwas passierte, der hat seine Sache durchgezogen und zwar hochprofessionell – und auch das vierte und fünfte Mal noch, wenn es sein musste.

Schlager, Travestie – die Musik-Mischung bei Formel Eins war extrem breitbandig.
Es war ja eine Zeit, in der eigentlich alles möglich war. Und es gab sowohl Hardrock als auch Italo Disco. Auf der einen Seite standen die extrem gestylten New Romantics aus England, das Gegenstück war Klaus Lage, der eher wie der singende Sozialarbeiter daherkam. Das Schöne war, dass es sehr abwechslungsreich war.

Damit hat die Sendung für fast jeden etwas geboten – und es gab nicht die Gefahr, dass jemand abgeschaltet hat, wenn ein bestimmter Künstler dran war.
Das stimmt. Man wusste ja, dass danach wieder was anderes kommt. Es war eine sehr, sehr bunte Mischung, aber das lag natürlich dran, dass die Charts gezeigt wurden, und die Charts bestehen und bestanden immer aus verschiedenen Richtungen.

Allein die Charts aus England, den USA und Deutschland haben sich teilweise doch sehr unterschieden. Dazu habt ihr weitere Specials im Programm gehabt.
Richtig. War haben versucht, auch mal ganz andere Länder vorzustellen – etwa Japan, Frankreich oder Italien. Wir wollten sehen und präsentieren, was da so läuft. Das vermisse ich auch heute ein bisschen – dass man gar nicht mehr über den Grenzrand schaut. Wer weiß heute schon noch, was in Italien oder Frankreich in den Charts ist? Ich wüsste es zumindest nicht.

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