GEORGE MICHAEL: SEIN SOUND EROBERT DIE GROSSE LEINWAND!

George Michael

Er gehörte zu den größten Popkünstlern unserer Zeit. Als Sänger, Produzent und Stil-Ikone schaffte er den Wandel vom umschwärmten Teenie-Idol zum seriösen Songwriter. Vor drei Jahren verstarb GEORGE MICHAEL völlig unerwartet in seinem Haus in Oxfordshire. Ausgerechnet an einem 25. Dezember, an Weihnachten, wo doch gerade “Last Christmas“ zu seinen beliebtesten, zeitlosesten und erfolgreichsten Hits zählte. Welch eine Ironie des Schicksals. Seinen vielen Fans bleibt George Michael unvergessen, und jetzt kommt er nochmal ins Kino mit seiner Musik! LAST CHRISTMAS heißt der Film von Regisseur Paul Feig, in dem viele seiner besten Lieder zu hören sind. Wir zeichnen noch einmal Stationen und Höhepunkte in Georges bewegtem Leben nach, das viel zu früh endete.

Text: Alex Gernandt

Als Georgios Kyriacos Panagiotou kam George Michael 1963 in London zur Welt. Sein Vater Kyriacos, der sich Jack nennen ließ, war zehn Jahre zuvor vom griechischen Teil Zyperns nach Großbritannien ausgewandert, “mit 20 Schillingen in der Tasche“, wie George später einmal sagte. In London brachte er es irgendwann immerhin bis zum Restaurantbesitzer. Georges Mutter Lesley war gebürtige Britin. Zu ihr hatte er ein besonders inniges Verhältnis. “Meinem Vater verdanke ich meinen Drive und Ehrgeiz nach oben zu wollen, meiner Mutter, der Mensch zu sein, der ich bin!“, sagte er in einem Interview. Von seiner Mutter, die selbst immer begeistert sang und Musik liebte, hatte er sein musikalisches Talent geerbt. Schon früh begeisterte sich George für Elvis Presley, der zu seinen großen Vorbildern zählte. “Elvis war in jeder Hinsicht außergewöhnlich, sowohl was seinen Sound betraf als auch sein Aussehen. Was er in jungen Jahren leistete, ist unglaublich“, so George. “Er hat damals als Erster die Pop- und Jugendkultur geprägt und damit die Welt verändert.“

Wham Last Christmas

Wham! ein Stück Pop-Kultur

Pop-Kultur! Da wollte George auch mitmischen. Das war ihm bereits früh klar. Also tat er sich 1981 mit seinem guten (und gutaussehenden) Freund Andrew Ridgeley, damals ebenfalls 19 und auch Schüler der Bushey Meads Comprehensive School, zusammen. Die beiden träumten davon, berühmte Popstars zu werden.

“Ich wollte geliebt werden und mein Ego befriedigt wissen“, gab George Michael einst zu. Und so wurden George und Andrew zu Wham! und lieferten mit Pop-Hits wie “Club Tropicana“, “Wake me up before you go-go“, “Everything she wants“, “Freedom“ und “Yung Guns (go for it)“ den knallbunten Soundtrack zu den unbeschwerten Zeiten der Achtzigerjahre. Bei Wham! ging es um harmlosen Spaß, gute Laune, Sun and Fun… Die Songs stammten alle aus der Feder des hochtalentierten George.

Zwischen Herbst 1982 und Sommer 1986 landete das Fun-Duo zehn Top-10-Hits in Großbritannien, von denen es fünf bis auf Platz 1 schafften. 25 Millionen Tonträger verkauften Wham! insgesamt. “Wir waren 19 und die Girls warfen sich uns nur so an den Hals“, erinnerte sich George. “Wir hatten soviel Spaß. Ich habe mich damals schon als Singer-Songwriter begriffen, was ich ja auch war, und Andrew war der Gutaussehende, der Babemagnet. Ich musste die Mädels mit meiner Personality überzeugen, weil ich dachte, nicht die Looks zu haben. Am wichtigsten war mir aber immer, mich als Songwriter und Komponist weiterzuentwickeln.“

Neuerfindung für die Solokarriere!

Man soll aufhören, wenn’s am Schönsten ist, sagt man. Das galt auch für George Michael und Wham! “Careless Whisper“, seine erste Solosingle, war noch zu Wham!-Zeiten entstanden und in den USA als Wham! featuring George Michael erschienen. Sie wurde international ein großer Erfolg und ermutigte den Sänger, es künftig alleine zu versuchen. Für seine Solokarriere verpasste sich George 1987 erstmal eine optische Veränderung – vom strahlenden Wham!-Sonnyboy zum toughen Machotyp! Mit schwarzer Lederjacke, verwegenem Dreitagebart, Kreuz-Ohrring, cooler Spiegelbrille. “Das ist alles nur eine Verkleidung“, gab er später mal zu. “Wie eine Rüstung, unter der man seine eigene Verletzlichkeit verbirgt.“

George Michael Faith

Mit seinem neuen Image, seiner Neuerfindung war er gewappnet für den weiteren Weg, den er fortan alleine beschreiten wollte. Mit seinem Solowerk FAITH gelang George 1987 ein absolutes Mega-Album: 25 Millionen mal wurde die Platte verkauft! Mit weißem Soul-Sound und Songs wie “I want your Sex“, “Father Figure“, dem Titeltrack “Faith“ und absolut sexy Videoclips, die bei MTV rotierten, konnte er hit-technisch nahtlos an Wham!-Hits wie “Wake me up before you go-go“, “Club Tropicana“ oder “Last Christmas“ anknüpfen. Er hatte damit bewiesen, dass er auch ohne Wham!-Partner Andrew Ridgeley, von dem er sich 1986 trennte, bestehen konnte. Und wie! Allein in den USA schaffte er vier Nummer-eins-Hits und FAITH ließ George Michael gegen Ende der Achtziger aufsteigen in die Riege von Megastars wie Michael Jackson, Madonna, David Bowie und Prince! Auf der großen “FAITH“-Welttournee, die übrigens von Paula Abdul choreographiert wurde, gab er 137 Konzerte in den größten Arenen.

George will es wissen – mit seinem zweiten Solo-Album!

George Michael LP Listen Without Prejudice

George Michael machte es sich in seiner Karriere nie leicht. Er wollte keine leichten Pophits mehr nach Schema F produzieren, sondern ein ernsthafter Popartist sein. Daher ließ er sich immer wieder etwas komplett Neues einfallen. So überraschte der Ausnahmesänger auf seinem zweiten Soloalbum, LISTEN WITHOUT PREJUDICE Vol.1 betitelt, mit einer völlig neuen Ausrichtung, sowohl in Sachen Musik als auch Optik und Image – und das wohlgemerkt auf einer einzigartigen Welle des Erfolgs, die er einfach hätte weitersurfen können! Aber er wollte weg vom oberflächlichen Goodlooker-Image und so zierte zum ersten Mal nicht sein Konterfei die Plattenhülle, sondern eine Schwarzweiß-Fotografie des Künstlers Arthur Fellig, die einen übervölkerten Strand bei Coney Island, New York um 1940 zeigte.

Darüber hinaus traf George weitere schwerwiegende Entscheidungen, die sein Management schier verzweifeln liessen: Er würde keine Promo-Interviews zum neuen Album geben und nicht mehr selbst in seinen Videoclips auftreten. What!?!?

Doch er meinte es ernst: Im Video zur Single “Freedom 90“ überließ er, beeinflusst von der Arbeit des deutschen Modefotografen Peter Lindbergh, Supermodels wie Linda Evangelista, Naomi Campbell, Tatjana Patitz oder Cindy Crawford das Spotlight und ließ sie den Song gar lip-synchen! Bislang hatten Topmodels in Videoclips immer nur die Freundin oder Geliebte des Sängers gemimt, etwa Christie Brinkley in Billy Joels “Uptown Girl“. Nicht so bei George Michael. Dieser Move unterstreicht einmal mehr, mit welchen Innovationen er die Popkultur hier und da beeinflusst hat. Genauso wie mit seinem eigenständigen Sound. Zum Thema Songwriting meinte George: “Ich habe alles in meinem Kopf, viele, viele Ideen für neue Songs. Manche sind da oben drin bereits fix und fertig, komplett mit Streicher-Arrangements und ähnlichem. Ich trage Ideen oft drei Jahre mit mir rum, bevor ich dazu komme, sie zu verwirklichen. Ich mache mir nie Notizen. Mein Manager dreht fast durch. Er meint, wenn ich mal auf den Kopf falle, sind alle Songideen futsch – und damit ein paar Millionen Dollar…“

LAST CHRISTMAS erobert die Big Screens!

Eine Idee, die irgendwann verwirklicht wurde, war die Nummer “Last Christmas“. Die Legende besagt, dass sich die Plattenfirma schnellstens einen Weihnachtssong von Wham! wünschte – George Michael aber nur ein Lied namens “Last Easter“ in petto hatte. Das soll er dann flugs auf “Last Christmas“ umgetextet und passend gemacht haben.

Der Erfolg gab ihm recht. Bis heute ist es einer der meistverkauften und meistgehörten Hits der Popgeschichte – und gehört zu den absoluten Lieblingsliedern eines Filmproduzenten namens David Livingstone. Eines Tages sprach eben der mit Schauspielerin und Drehbuchautorin Emma Thompson über die Idee, einen Spielfilm, inspiriert von “Last Christmas“ zu produzieren. Natürlich wurde George Michael damals in das Projekt eingespannt. Im Frühjahr 2013 besuchte ihn Emma zu Hause und weihte ihn in die Pläne ein. George war begeistert und stimmte zu. Er stellte nur eine Bedingung: Ein Element des Film sollte sich mit der Problematik von Obdachlosen auseinandersetzen, weil ihm dieses Thema sehr am Herzen lag. So ließ Emma Thompson den Hauptdarsteller Tom (gespielt von Henry Golding), der sich in ihre Filmtochter Kate (Emilia Clarke, bekannt aus “Game of Thrones“) verliebt, ehrenamtlich in einer Anlaufstelle für Obdachlose arbeiten!

Der Film – nach einem Drehbuch von Emma Thompson und Greg Wise – spielt im vorweihnachtlichen London. Die junge Kate arbeitet als “Weihnachts-Elfe“ in einem Weihnachtsfachgeschäft, das 365 Tage im Jahr geöffnet hat. Sie ist ständig gestresst und verursacht mit ihrer etwas verplanten Art jede Menge Chaos und alles andere als weihnachtliche Stimmung – bis eines Tages der charmante Tom in ihr Leben tritt. Er erkennt schnell, was sich hinter Kates griesgrämiger Fassade verbirgt und schafft es, die Barrieren, die Kate um sich und ihr Herz aufgebaut hat, zu durchbrechen. Schließlich schafft er es sogar, Kate wieder Lebensfreude und Selbstvertrauen zu schenken.

Der Soundtrack des Films, der ab 14. November in den Kinos läuft, beinhaltet Hits wie das titelgebende “Last Christmas“, “Everything she wants“ und “Wake me up before you go-go“ von Wham! sowie zwölf Solosongs von George Michael. Eine wunderbare Hommage an einen großartigen Künstler, der vor drei Jahren mit nur 53 Jahren die Bühne des Lebens viel zu früh verlassen musste.