Erinnerung an Stefanie Tücking: Sie hat ihren Traum gelebt!

StefanieTücking_FormelEins

Zwischen Peter Illmann, Ingolf Lück und Kai Böcking war SIE die einzige Frau in der Moderatorenriege von FORMEL EINS – und was für eine! Mit Musikwissen, Charme, lockeren Sprüchen und trockenem Humor eroberte STEFANIE TÜCKING in den Achtzigern nicht nur die Herzen von Pop-Fans und Fernsehzuschauern, sondern verdiente sich auch den Respekt vieler Musikergrößen, die bei ihr in der Sendung zu Gast waren. Nach ihrer erfolgreichen Zeit bei FORMEL EINS kehrte die vielseitige Moderatorin, die auch begeisterter Motorsportfan war, zum Radio zurück und arbeitete zuletzt für den SWR. Am 1. Dezember letzten Jahres verstarb sie völlig überraschend und viel zu jung. Am 1. April wäre Stefanie 57 Jahre alt geworden. Erinnerung an einen unvergesslichen Menschen.

Text: Alex Gernandt

Oktober 1986. Das Park Hilton Hotel in München. In den bunten 80ern, als “Formel Eins“ erstmals über die Bildschirme der Nation flimmert, ist es das Starhotel schlechthin: Michael Jackson, Tina Turner, Whitney Houston, Modern Talking, Falco, Huey Lewis – sie alle steigen hier ab, wenn sie für Konzerte oder TV-Aufzeichnungen in town sind. Heute haben Europe aus Schweden ins Park Hilton eingeladen. Nach ihrem umjubelten Konzert im Circus Krone ist Party angesagt. Grund: Die Schwedenrocker um Sänger Joey Tempest bekommen hier und heute ihre erste Goldene Schallplatte für den Nr.1-Hit “The Final Countdown“ verliehen. Der Autor dieser Zeilen ist als junger Reporter am Start – genau wie Stefanie Tücking, Starmoderatorin der Kultsendung FORMEL EINS. Die aufgekratzten Europe-Jungs geben Stefanie ein Interview, flirten mit ihr und tragen sie danach auf Händen. Steffi strahlt – und die anwesenden Pressefotografen freuen sich über das witzige Motiv…

Diese Szene verdeutlicht gut, wie beliebt Stefanie Tücking bei Musikerkollegen und Stars ist. Wie Steffi das schafft? Indem sie sich ihre natürliche, coole Art bewahrt hat, sich niemals bei Stars anbiedert und sich in Szene und Musikgeschichte einfach perfekt auskennt. Steffi punktet mit Kompetenz. Immer wenn sie Künstler zu Interviews trifft, hat sie ihre “Hausaufgaben“ gemacht und ist top vorbereitet.

Ihre Leidenschaft: Die Musik!

Geboren wird Steffi, die Freunde liebevoll “Tück“ nennen, am 1. April 1962 in Kaiserslautern, wo sie auch aufwächst. Die Pfalz ist nicht gerade das Zentrum der Entertainmentwelt. Doch Steffi, eingefleischter Rockfan, wird schon früh bewusst, was sie nach der Schule mal werden will. “Ich habe immer den Traum gehabt, Journalist zu werden“, sagt Steffi einst und bricht dafür eigens ihr Elektrotechnik-Studium ab. “Ich dachte immer, Journalismus, das möchte ich gerne können. Ich habe das aber nicht studiert. Es war einfach nur, dass ich das machen wollte. Und die besten Journalisten, was Radio angeht, sitzen bei SWF3 in Baden-Baden. Ich wusste das! Nicht, dass mir das irgendjemand erzählt hat. Ich wusste das, weil ich SWF3 früher immer gehört habe. Ich komme aus Kaiserslautern, aus dem Sendegebiet.“

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“Sie rennt in die Welt“, wie sie es selbst beschreibt. Ihre Leidenschaft ist das Radio, aber das Fernsehen, die ARD-Kultsendung FORMEL EINS, macht sie in den 80ern zu einer echten Berühmtheit. Erste Erfahrungen vor der Kamera sammelt Steffi zuvor als Moderatorin des Kabelfernsehsenders Musicbox in München. Im Januar 1986 übernimmt sie die erfolgreiche Musiksendung FORMEL EINS von Ingolf Lück und startet richtig durch. “Formula One“, die Titelmelodie zu ihrem Auftritt, kommt vom deutschen Hollywood-Komponisten und Oscar-Preisträger Harold Faltermeyer (“Axel F“). 80 Sendungen verleiht Steffi ihr Gesicht, bis Dezember 1987. Die Hits dieser Zeit sind etwa “Jeanny“ von Falco, “Ohne dich (schlaf ich heut’ Nacht nicht ein)“ von der Münchner Freiheit, “Brother Louie“ von Modern Talking, “Lessons in Love“ von Level 42, “Walk like an Egyptian“ von den Bangles, “In the Army now“ von Status Quo, “I wanna dance with somebody“ von Whitney Houston oder Madonnas “La Isla Bonita“. Und Steffi ist gerade mal zarte 24, als sie als Moderatorin mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet wird. Ein absolutes Highlight!

Nach einer schönen, abenteuerreichen Zeit bei FORMEL EINS kehrt “Tück“ zum Radio zurück, arbeitet für den Bayerischen Rundfunk, für SWF3, später SWR3, moderiert Sendungen wie “Pop Shop“, das Nachtmagazin “Lollipop“, die ARD-Popnacht, die Frühsendung “On“, die Musiksendung “intensiv“, zuletzt den SWR3-Club am Abend. Und als sei das alles noch nicht Musik genug, spielt sie mit Kollegen in der SWR-3-Band live Hits aus den aktuellen Charts, Kracher der 70er und Kultsongs der 80er. In der Welt der harten und rockigen Töne fühlt sich “Tück“ besonders wohl, bei ihren Kollegen und Zuhörern ist sie beliebt, glänzt mit Wissen, überzeugt mit Leidenschaft, zeigt Herz.

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Ein tragischer und viel zu früher Tod!

“Ich höre Musik, ich lese viel, ich schaue gern Serien und Filme, ich liebe die Berge, ich mag das Meer, ich will viel mit Menschen zu tun haben, ich rede gern, ich höre gern zu“, sagt Stefanie einmal über sich selbst, “ich kann Tränen lachen, ich will lernen, ich versuche das Richtige zu tun, ich scheitere auch mal, ich lass mich treiben, ich habe manches nicht im Griff, ich versuche es weiter, ich liebe mein Leben…“

Am 1. Dezember 2018 dann der Schock. Völlig überraschend verstirbt sie zu Hause in Baden-Baden an einer Lungenembolie. Eine unfassbare Nachricht für all die vielen Menschen, die Steffi kennen, schätzen und lieben. Am 1. April hätte “Tück“ ihren 57. Geburtstag gefeiert. Wir denken an sie.