Aufgewachsen mit den Calypso-Klängen seiner Heimat Trinidad, wird ein Radio für den jungen Leslie Sebastian Charles zum Nabel der Welt. Die Songs von Sam Cooke, Nat King Cole und Frank Sinatra verändern sein Leben und leiten seine Metamorphose in den Künstler Billy Ocean ein. Heute ist er der erfolgreichste schwarze Sänger, den seine britische Wahlheimat jemals hervorgebracht hat.
Text: Chris Hauke
„Ich konnte singen, bevor ich gesprochen habe“, hat Billy Ocean einmal über sich gesagt. Kein Wunder bei dieser Familie: Vater Hainsley verdingt sich als Musiker, Mutter Violet singt am Wochenende beim Bügeln, seine große Schwester schleppt ihn mit zur Probe des hiesigen Kirchenchors, wo er als einziger Junge neben 36 Mädchen Gospels schmettert. Mitte der 50er-Jahre, Billy ist gerade sechs, nimmt das Schicksal seinen weiteren Lauf. Das Radio, das sein Vater an diesem Tag in die heimischen vier Wände trägt, öffnet das Tor zu einer neuen Welt. Erstmals hört er Musik, die nicht aus der Karibik stammt. Schnell steht sein Entschluss fest: Er will Sänger werden.
Von der Karibik nach London
1960 siedelt die Familie nach London um. Nach seiner Schulzeit arbeitet Billy tagsüber als Schneider, nachts verdient er sich seine ersten Sporen als Musiker. Seinen Lohn legt er sinnvoll an – er ersteht ein kleines Klavier, auf dem er in der Mittagspause und nach der Arbeit herumklimpert. Irgendwann ist da dieser Groove, zum dem er ein paar improvisierte Textzeilen summt. Es soll sein erster großer Erfolg werden, doch erst einmal legt Billy die Urform von „Love Really Hurts Without You“ beiseite. Erst mehrere Jahre später traut er sich, sein Werk einem Produzenten vorzuspielen. Der Song wird zum Hit, Leslie Charles zu Billy Ocean. Mit ihm startet 1976 die Karriere des Sängers.
„Caribbean Queen“, „Loverboy“ und „Suddenly“ – drei Charterfolge in einer Reihe
Der weltweite Durchbruch gelingt 1984. „Caribbean Queen“ wird seine erste Nummer Eins in den USA, oben drauf gibt es einen Grammy für die beste männliche R&B Performance. Auch die Nachfolge-Singles treffen ins Schwarze: „Loverboy“ und die Ballade „Suddenly” platzieren sich weit oben in den Charts, mit „The Long And Winding Road“ aus der Feder von Lennon/McCartney nimmt Ocean zudem eine Cover-Version des Beatles-Klassikers auf. Ansonsten schreibt er seine Songs meist selbst. Musiker wie Sam Cooke und Bob Marley, den er später als „die Stimme der dritten Welt“ bezeichnet, haben ihn nicht nur als Sänger, sondern auch als Komponisten inspiriert.
Billy Ocean und seine Greatest Hits – powered by Formel Eins
Billy Ocean und die humorlosen Briten
Sein Erfolg in dieser Zeit wird unterstützt durch das allgegenwärtige MTV, Billys Videos laufen Mitte der 80er-Jahre rauf und runter. Die britische BBC hingegen nimmt eines gar nicht erst in ihr Programm auf: „When The Going Gets Tough, The Tough Get Going“ wird durch den Film „Auf der Jagd nach dem Juwel vom Nil“ zum Hit, für den Videodreh finden sich dessen Hauptdarsteller Kathleen Turner, Michael Douglas und Danny DeVito in der Londoner Brixton Academy ein und performen dort als Billys Background-Chor, Spaßvogel DeVito mimt dazu das Saxophonsolo. Eigentlich eine astreine Cross-Promotion, doch die britische Musikergewerkschaft erweist sich in diesem Fall als gänzlich humorlos. Da die drei Schauspieler nicht Mitglied sind, darf das Video nicht öffentlich gesendet werden. Doch das ist dem Erfolg nicht abträglich: „Tough“ wird 1986 Oceans erste Nummer Eins in England.
Im Lauf seiner Karriere hat Billy Ocean mehr als 30 Millionen Platten verkauft, nach rund 15 Jahren Auszeit kehrt er 2009 mit dem Album „Because I Love You“ auf die große Bühne zurück und unterhält sein Publikum bis heute.
- Erhältlich bei:
Mit „Here You Are“ kommen Fans von Billy Ocean gleich doppelt auf ihre Kosten. Neben einer Best-Of-CD mit 18 seiner größten Hits aus den 70ern und 80ern und einer Interpretation von „Love Train“ aus dem Jahr 2014 enthält das Paket einen zweiten Silberling, auf dem Billy Ocean den Künstlern, die ihn zu einer Karriere als Sänger inspirierten, seine musikalische Ehre erweist. Unter den zwölf Songs finden sich Nummern aus der Feder von Sam Cooke und Bob Marley sowie Titel, die durch Versionen von Frank Sinatra, Nat King Cole oder Otis Redding nicht nur den jungen Leslie Charles in den 60er-Jahren verzückten. Im Booklet erzählt Billy Ocean zu jedem dieser Lieder seine persönliche Geschichte – unter anderem zu „A Simple Game“, das erst durch die Moody Blues und später die Four Tops bekannt wurde. Billy hat die für ihn so bedeutende Nummer als erste Single des Albums ausgewählt.